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Hochwasserschutz Reuss: Luzerner Regierung verpasst einmalige Chance

Medienmitteilung - 10. Juli 2022 - Luzern / Winterthur

Der Regierungsrat hat am 20. Juni das Projekt für den Hochwasserschutz an der Reuss bewilligt. Die Umweltorganisationen Aqua Viva und WWF sind vom Entscheid enttäuscht, denn der Kanton verpasst die Chance für einen nachhaltigen und ökologischen Hochwasserschutz. Da das Projekt Bundesrecht verletzt, legen die Verbände Beschwerde ein. 

„Das Hochwasserschutz-Projekt stammt konzeptionell von 2008. Das Projekt berücksichtigt weder die heutige Biodiversitätskrise noch die aktuelle Gesetzeslage. Damit verpassen wir eine einmalige Chance auf 13 km Länge die Reuss aufzuwerten“, sagt Ester Leitgeb, Bereichsleiterin Gewässerschutz bei Aqua Viva. Gemeint sind vor allem Bundesbestimmungen der Gewässerschutz-, Wasserbau- und Fischereigesetze, die seit mehr als einem Jahrzehnt definieren, wie ökologische Wasserbauprojekte zu planen sind. Zum Beispiel wie Gewässer strukturiert sein sollen und ob Kies dem Gewässer entnommen werden darf. 

Kiesentnahmen haben nachteilige Wirkung auf das gesamte Flusssystem
Das Reussprojekt sieht massive Kiesentnahmen von durchschnittlich 8000 m3 pro Jahr vor, das sind hunderte von Lastwagen voll Kies. Mit fatalen Folgen: Beim ökologischen Vorranggebiet Schiltwald würde alle fünf Jahre die Sohle grossflächig ausgebaggert und damit der Lebensraum der Flusssohle zerstört. Dies ausgerechnet an den Orten, wo zum Beispiel die gefährdete Äsche ihre Laichplätze hat. Kies und Steine bilden die Lebensgrundlage für viele Tiere und Pflanzen und sind die eigentlichen Bausteine für die dynamischen Lebensräume der Reuss. Werden sie ausgebaggert, wird die Reuss im Projektgebiet und auf ihrer gesamten Länge bis in den Kanton Aargau massiv geschädigt.

Lebendige Flüsse brauchen mehr Platz
Aufweitungen im Gewässer benötigen eine bestimmte Länge und Breite, damit eine Eigendynamik funktionieren kann und so zum Beispiel Kiesinseln oder unterschiedliche Strömungsmuster entstehen und sich immer wieder erneuern können. Die geplanten Revitalisierungen entsprechen nicht diesen Anforderungen. So erhält das Gewässer leblose Ausstülpungen statt lebendige Flussabschnitte. „Bereits kleinere punktuelle Projekt-Anpassungen, wie beispielsweise eine Verlängerung der geplanten Aufweitung beim Schiltwald oder eine Verbreiterung der Reuss bei Perlen, bringen einen riesigen Mehrwert für Natur und Mensch“, betont Tamara Diethelm vom WWF Luzern. 

Die Reuss als Naturjuwel schützen und wiederherstellen
Die Umweltorganisationen stellen die Notwendigkeit des Hochwasserschutzes nicht in Frage. Die Reuss ist jedoch ein Naturjuwel im Mittelland. Gefährdete und bedrohte Arten wie Äsche, Nase, Seeforelle, Bachneunage oder der zurückkehrende Lachs sind auf eine naturnahe Reuss angewiesen. Daher ist die Wiederherstellung der natürlichen Dynamik von äußerster Wichtigkeit. Ein gutes und ökologisches Hochwasserschutzprojekt mit mehr Raum für den Fluss erhöht auch die Sicherheit für die Bevölkerung und die Infrastrukturbauten.

Ein Alternativvorschlag, der auf Kiesentnahmen verzichtet und vergleichbare Kosten und Landverbrauch wie das Projekt aufweist, ist vorhanden. „Die Alternativen bringen einen grossen Gewinn und Mehrwert über die Kantonsgrenze hinaus und passen das Projekt den gesetzlichen Vorgaben an. Deshalb zählen wir auf das Kantonsgericht, dass es unserer Beschwerde stattgibt“, sagt Tamara Diethelm.

Ihr Kontakt

Tobias Herbst

Tobias Herbst

Bereichsleiter Kommunikation

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